Zwischen Toleranz und Tradition
Doch nach der Trauerfeier entspann sich eine Diskussion. Die einen sagten: "Wie sich jemand kleidet, spielt doch überhaupt keine Rolle. Das sind Äußerlichkeiten. Sie sagen nichts darüber aus, wie tief jemand trauert, wie betroffen jemand ist. Althergebrachte Regeln in Sachen Outfit gehören der Vergangenheit an. Toleranz bitte!"
Andere stimmten dem absolut nicht zu. Sie fühlten sich unangenehm berührt. Traditionen gäben in der Trauer Halt – so argumentierten sie. Und zu diesen Traditionen gehöre auch eine unauffällige Kleidung, um den Abschied von dem Verstorbenen würdig zu gestalten und ihm – und den Zugehörigen –Wertschätzung entgegenzubringen.
Alles andere sei respekt- und pietätlos. Und für Trauerfeiern nicht geeignet. Toleranz bitte gegenüber den Gefühlen der Trauernden!
Trauerfeier: Wie viel Raum bleibt für Individualität?
"Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt", formulierte einst der Philosoph Immanuel Kant. Wo hört die Toleranz in einer solchen schwierigen Situation auf?
Wo fängt der Respekt vor der Würde des Verstorbenen und der Zugehörigen an? Darf nicht jeder selbst entscheiden dürfen, was er an einem solchen Tag trägt? So, wie er oder sie sich am Wohlsten fühlt und es seiner Persönlichkeit am meisten entspricht?