Trauerhilfe: Ehrenamtliche müssen Ausbildung selber zahlen
Als Beispiel: Ein Mensch, der in diesem Bereich ehrenamtlich arbeiten möchte, muss seine Ausbildung zur Qualifikation selber bezahlen – um dann kostenlos arbeiten zu dürfen. Dabei sollte der Staat großes Interesse an besseren Lösungen haben, denn Auswirkungen sind auf individueller, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene sowie in unserem Gesundheitssystem zu spüren.
In Ländern wie Großbritannien oder Japan existiert seit Jahren der Posten eines Einsamkeitsministers. Dieser Posten wird seit Jahren auch in Deutschland diskutiert. Im Februar 2022 hat hierzulande das "Kompetenznetz Einsamkeit" die Arbeit aufgenommen. Es bleibt zu hoffen, dass schnelle Erfolge erzielt werden.
- Ehrenamtliche Helfer finden kaum Unterstützung.
- Der Staat fühlt sich für Trauernde nicht verantwortlich.
- Eine große Zahl von Trauernden fühlen sich einsam und allein.
- Sie sehnen sich nach Verständnis und Trauerhilfe.
- Daher sind innovative Angebote für Trauernde von enormer Bedeutung.
Große Nachfrage im digitalen Raum – doch kaum Angebote
Neuartige Hilfen haben sich also kaum entwickelt, da diese meist große Finanzkraft benötigen. Doch es tut sich etwas! Zum einen machen uns die sozialen Medien die Einsamkeit und den Bedarf nach Verständnis deutlich.
Wenn es Ende November 2021 auf TikTok noch 1,5 Mrd. Aufrufe des englischen Wortes für Trauer gab, so waren es nur acht Monate später bereits 4 Mrd. Aufrufe! TikTok hat diesen (Mega-)Trend längst erkannt und prägt selbst den Kunstbegriff GriefTok, also „TrauerTok“.
Der amerikanische Wirtschaftsanalyst Global Industry Analyst beziffert allein den digitalen, sogenannten DeathTech-Markt für 2022 weltweit mit 128,8 Mrd. USD. Es handele sich um den derzeit größten, digitalen Konsumentenmarkt, der so gut wie nicht bedient wird. Wir haben es also mit einer großen Nachfrage zu tun, der kaum Angebote gegenüberstehen.
Digitale Versorgungs-Innovationen in Deutschland
Die gute Nachricht ist: Es tut sich etwas! Denn Investoren, vor allem in den USA, haben den Markt erkannt und ermöglichen mit ihren finanziellen Mitteln die Entwicklung von Versorgungsinnovationen. Und auch in Deutschland nehmen die Digitalisierung bestehender Lösungen und komplette Neuentwicklungen langsam Fahrt auf.
Etliche Trauerbegleitungen haben während der Pandemie sehr schnell den Sprung zur digitalen Begleitung geschafft, was vorher nicht denkbar war. Weitere Beispiele sind:
• Digitale Kurse mit psychologischem Wissen, Übungen und Strategien wie bei www.grievy.de holen den Nutzer dort ab, wo er aktuell steht, um dann gezielte Hilfe anzubieten.
• Digitale Erinnerungsräume wie https://farvel.space/ schaffen digitale Abschiedsfeiern und einen Raum für gemeinsame Erinnerungen. Jeder Teilnehmer kann dort eigene Erinnerungen einbringen, die zusammengerechnet einen vielfarbigen Strauß erzeugen.
• Auf der digitalen Matching-Plattform www.trosthelden.de werden anhand von relevanten Kriterien Betroffene mit ähnlichem Schicksalsschlag – und exakt gleicher Trauersprache zusammengebracht. Die Probleme des fehlenden Verständnisses im Außen wird unter „Gleich und Gleich“ gelöst, was wiederum zu Selbstverständnis führt. Der Innovationsgrad des TrostHelden-Konzepts hat der Firma beim Award To(d)tal Digital den ersten Platz beschert.
Insgesamt sind diese Beispiele ein wichtiger Baustein für eine Veränderung der Trauerkultur in Deutschland und schaffen Verständnis auf beiden Ebenen: individuell und gesellschaftlich.
Welche Bedeutung hat das Verständnis für Trauernde?
Verständnis im Außen tut in erster Linie gut. Dieses Verständnis dient jedoch auch als Spiegel, um sich selbst in Trauer besser kennen zu lernen. Durch einen Schicksalsschlag entsteht im Trauernden von jetzt auf gleich ein Schattenanteil, der neuer Taktgeber ist.
Er ist mit schmerzenden und ohnmächtigen Gefühlen gepaart, die nicht selten in einer Handlungsunfähigkeit münden. Dieser Teil fühlt sich fremd an, ist jedoch ein Teil des Ichs, der durch den Schicksalsschlag aktiviert wurde. Verständnis im Außen hilft, diesen Schattenanteil bzw. diesen Anteil des Ichs auszuleuchten. Es hilft, die Trauer zu erkennen, zu akzeptieren und ins eigene Leben zu integrieren.
Welche Auswirkung hat ein guter Umgang mit Trauer individuell und gesellschaftlich?
Menschen, die mit ihrer Trauer ein gutes Stück des Weges bewusst gegangen sind, berichten davon, sich reich beschenkt zu fühlen. Es sind Geschenke wie mehr Selbstwert, mehr Selbstliebe und fokussierte Lebensziele.
Menschen, die einen guten Umgang mit ihrer Trauer gefunden haben, engagieren sich häufig später selbst für das Gemeinwohl und sorgen für Mitmenschlichkeit. Wir können also sagen, dass ein guter Umgang mit der Trauer Mitmenschlichkeit in die Welt bringt. Andersherum kann auch behauptet werden, dass durch das Fehlen einer guten Trauerkultur dieses Humanitätspotential ungenutzt bleibt.
Digitalisierung als Initiator der Weiterentwicklung von Trauerhilfe
Fest steht: Dank der Digitalisierung tut sich etwas in und mit unserer Trauerkultur. Zwar herrscht oftmals noch große Empörung, für diese Hilfsangebote zahlen zu müssen, auch wenn es sich um kleine Beträge handelt. Doch die Vergangenheit hat gezeigt: Bekommen wir alles umsonst, haben wir keine Entwicklung!