Unterstützung für Trauernde

Trauerhilfe und Ehrenamt

Der Staat fühlt sich für Trauernde nicht verantwortlich. Ehrenamtliche Helfer finden kaum Unterstützung. Doch neue Firmen unterstützen trauernde Menschen.
Ehrenamtliche Helfer müssen ihre Ausbildung selbst bezahlen – um dann kostenlos zu arbeiten.
Ehrenamtliche Helfer müssen ihre Ausbildung selbst bezahlen – um dann kostenlos zu arbeiten.
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Vereinsamung von Trauernden

Die Vereinsamung samt Folgeschäden hat unter Trauernden nie geahnte Ausmaße angenommen. In der Hilfe für Trauernde gibt es zwar verschiedene, sehr gute Angebote.

Trotzdem wurde für die gravierendsten Probleme Betroffener neben der Trauer seit Jahrzehnten kaum eine Lösung entwickelt. Gründe sind unter anderem im reinen Ehrenamt zu finden. Doch auch der Staat hat sich seiner Verantwortung entzogen.

Trauerbegleitung, Trauergruppen, therapeutische Angebote – die Hilfsangebote für Menschen in Trauer gibt es, doch sie werden aus verschiedenen Gründen nur von einem kleinen Teil genutzt. Viele Betroffene machen ihre sehr spezielle, oftmals ohnmächtige Situation mit sich selbst aus.

Denn auch das soziale Umfeld kann meist nicht das geben, was dringend benötigt wird. Es geht um uneingeschränktes Verständnis und dem daraus resultierenden Selbstverständnis.

"Ich verstehe mich selbst nicht mehr in meiner Trauer!"

Der größte Teil der Trauernden berichtet von zwei Problemen, die sich über Jahrzehnte nicht verändert haben und in Zeiten der sozialen Medien und der Pandemie überdeutlich werden:

  1. „Niemand versteht mich. Mein Umfeld und gar meine Familie kann mir das nicht geben, was ich dringend benötige.“
  2. „Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Ich ticke nicht mehr so wie früher und verliere meine Kraft durch und für kleinste Alltagsdinge.“

Ich spreche Trauer! Und Du (nicht)!?

Um die Grundlage für diese Tatsache zu verstehen, eignet sich das Bild der Sprache. Mit dem Schicksalsschlag spricht ein trauernder Mensch von jetzt auf gleich eine neue Sprache; eine Trauersprache, die die betroffene Person zwar sprechen kann, selbst aber nicht unbedingt versteht.

Diese ist sehr individuell und setzt sich aus dem eigenen Schicksalsschlag, dem eigenen Umgang mit der Trauer und eigenen sonstigen Lebensumständen zusammen. Der Umstand, die Sprache sprechen zu können, sie selbst aber nicht zu verstehen, ist eine zwiespältige Angelegenheit und belastet die eh schon schwierige Situation zusätzlich.

Herz gegen Kopf – doch ich verstehe dich nicht, mein Herz!

Das wird zum Beispiel dann deutlich, wenn vom Umfeld und sogar dem eigenen Kopf gute Lösungsansätze herangetragen werden und aus dem Unterbewusstsein – also der Herzensebene – eine vehemente Ablehnung kommt. Auch gegen den eigenen Kopf.

Rationale Aspekte haben vor Herzensargumenten bei Trauer keine Chance und verursachen ablehnende Wut. Oftmals verursacht diese Situation einen Rückzug; der erste Schritt in eine Vereinsamung ist gemacht. Allein das Verstehen der Herzensargumente in der völlig neuen Situation der Trauer will gelernt werden.

Trauer ist demnach ein Entwicklungsprozess. Sperren wir uns, entfernen wir uns nicht nur von unserem Umfeld, sondern sogar von uns selbst.                          

Eine Frau mittleren Alters steht in einer beigen Jacke an einem See und schaut die Kamera.
Neue Firmen im Bereich Grief Tech unterstützen Trauernde und bieten ihnen Hilfe bei Trauer.        © Foto: pixabay

Offensichtliche Probleme, und noch keine Lösung – warum?

Die beschriebenen Probleme bestehen seit Jahrzehnten. Eine Lösung hierfür wurde nicht erarbeitet. Die Ursachen hierfür sind unter anderem:

• Durch zwei Weltkriege haben vorherige Generationen so viel Tod erleben müssen, dass die einzig richtige Überlebensstrategie war, wegzusehen. Insgesamt haben wir verlernt, hinzusehen – und es unseren Kindern beizubringen.

Den Tod haben wir aus unserer Gesellschaft und dem Leben ausgeklammert. So heißt unsere heutige Trauerkultur: „Der Tod macht nicht nur traurig, sondern auch einsam. Einsamkeit macht krank.“

Die Hilfe für Trauernde war und ist hauptsächlich ehrenamtlich organisiert. Natürlich gab es auf diesem Felde kleine Entwicklungen, doch sie drehte sich meist um die akute Trauer und um eine verbesserte Begleitung. Doch uneingeschränktes Verständnis kann auch von der Trauerbegleitung nicht geleistet werden.

• Es haben sich immer mal wieder Vernetzungsinitiativen gegründet, die dann aber durch persönliche Eitelkeiten eingegangen sind. Ebenso sieht es zwischen einzelnen Vereinen etc. aus. Die Not, ständig Spenden zu akquirieren, erzeugt ein Gegeneinander. Die großen Ziele FÜR Trauernde werden durch Einzelkämpfertum nicht erreicht.

• Der Staat hat sich seiner Verantwortung gegenüber Trauernden entzogen, was auch durch unsere Erziehung des Wegsehens begründet ist. Doch selbst das Ehrenamt wird kaum unterstützt.

Trauerhilfe: Ehrenamtliche müssen Ausbildung selber zahlen

Als Beispiel: Ein Mensch, der in diesem Bereich ehrenamtlich arbeiten möchte, muss seine Ausbildung zur Qualifikation selber bezahlen – um dann kostenlos arbeiten zu dürfen. Dabei sollte der Staat großes Interesse an besseren Lösungen haben, denn Auswirkungen sind auf individueller, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene sowie in unserem Gesundheitssystem zu spüren.

In Ländern wie Großbritannien oder Japan existiert seit Jahren der Posten eines Einsamkeitsministers. Dieser Posten wird seit Jahren auch in Deutschland diskutiert. Im Februar 2022 hat hierzulande das "Kompetenznetz Einsamkeit" die Arbeit aufgenommen. Es bleibt zu hoffen, dass schnelle Erfolge erzielt werden.                          

               
  • Ehrenamtliche Helfer finden kaum Unterstützung.
  •            
  • Der Staat fühlt sich für Trauernde nicht verantwortlich.
  •            
  • Eine große Zahl von Trauernden fühlen sich einsam und allein.
  •            
  • Sie sehnen sich nach Verständnis und Trauerhilfe.
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  • Daher sind innovative Angebote für Trauernde von enormer Bedeutung.
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Große Nachfrage im digitalen Raum – doch kaum Angebote

Neuartige Hilfen haben sich also kaum entwickelt, da diese meist große Finanzkraft benötigen. Doch es tut sich etwas! Zum einen machen uns die sozialen Medien die Einsamkeit und den Bedarf nach Verständnis deutlich.

Wenn es Ende November 2021 auf TikTok noch 1,5 Mrd. Aufrufe des englischen Wortes für Trauer gab, so waren es nur acht Monate später bereits 4 Mrd. Aufrufe! TikTok hat diesen (Mega-)Trend längst erkannt und prägt selbst den Kunstbegriff GriefTok, also „TrauerTok“.

Der amerikanische Wirtschaftsanalyst Global Industry Analyst beziffert allein den digitalen, sogenannten DeathTech-Markt für 2022 weltweit mit 128,8 Mrd. USD. Es handele sich um den derzeit größten, digitalen Konsumentenmarkt, der so gut wie nicht bedient wird. Wir haben es also mit einer großen Nachfrage zu tun, der kaum Angebote gegenüberstehen.

Digitale Versorgungs-Innovationen in Deutschland

Die gute Nachricht ist: Es tut sich etwas! Denn Investoren, vor allem in den USA, haben den Markt erkannt und ermöglichen mit ihren finanziellen Mitteln die Entwicklung von Versorgungsinnovationen. Und auch in Deutschland nehmen die Digitalisierung bestehender Lösungen und komplette Neuentwicklungen langsam Fahrt auf.

Etliche Trauerbegleitungen haben während der Pandemie sehr schnell den Sprung zur digitalen Begleitung geschafft, was vorher nicht denkbar war. Weitere Beispiele sind:

• Digitale Kurse mit psychologischem Wissen, Übungen und Strategien wie bei www.grievy.de holen den Nutzer dort ab, wo er aktuell steht, um dann gezielte Hilfe anzubieten.

Digitale Erinnerungsräume wie https://farvel.space/ schaffen digitale Abschiedsfeiern und einen Raum für gemeinsame Erinnerungen. Jeder Teilnehmer kann dort eigene Erinnerungen einbringen, die zusammengerechnet einen vielfarbigen Strauß erzeugen.

• Auf der digitalen Matching-Plattform www.trosthelden.de werden anhand von relevanten Kriterien Betroffene mit ähnlichem Schicksalsschlag – und exakt gleicher Trauersprache zusammengebracht. Die Probleme des fehlenden Verständnisses im Außen wird unter „Gleich und Gleich“ gelöst, was wiederum zu Selbstverständnis führt. Der Innovationsgrad des TrostHelden-Konzepts hat der Firma beim Award To(d)tal Digital den ersten Platz beschert.

Insgesamt sind diese Beispiele ein wichtiger Baustein für eine Veränderung der Trauerkultur in Deutschland und schaffen Verständnis auf beiden Ebenen: individuell und gesellschaftlich.

Welche Bedeutung hat das Verständnis für Trauernde?

Verständnis im Außen tut in erster Linie gut. Dieses Verständnis dient jedoch auch als Spiegel, um sich selbst in Trauer besser kennen zu lernen. Durch einen Schicksalsschlag entsteht im Trauernden von jetzt auf gleich ein Schattenanteil, der neuer Taktgeber ist.

Er ist mit schmerzenden und ohnmächtigen Gefühlen gepaart, die nicht selten in einer Handlungsunfähigkeit münden. Dieser Teil fühlt sich fremd an, ist jedoch ein Teil des Ichs, der durch den Schicksalsschlag aktiviert wurde. Verständnis im Außen hilft, diesen Schattenanteil bzw. diesen Anteil des Ichs auszuleuchten. Es hilft, die Trauer zu erkennen, zu akzeptieren und ins eigene Leben zu integrieren.

Welche Auswirkung hat ein guter Umgang mit Trauer individuell und gesellschaftlich?

Menschen, die mit ihrer Trauer ein gutes Stück des Weges bewusst gegangen sind, berichten davon, sich reich beschenkt zu fühlen. Es sind Geschenke wie mehr Selbstwert, mehr Selbstliebe und fokussierte Lebensziele.

Menschen, die einen guten Umgang mit ihrer Trauer gefunden haben, engagieren sich häufig später selbst für das Gemeinwohl und sorgen für Mitmenschlichkeit. Wir können also sagen, dass ein guter Umgang mit der Trauer Mitmenschlichkeit in die Welt bringt. Andersherum kann auch behauptet werden, dass durch das Fehlen einer guten Trauerkultur dieses Humanitätspotential ungenutzt bleibt.

Digitalisierung als Initiator der Weiterentwicklung von Trauerhilfe

Fest steht: Dank der Digitalisierung tut sich etwas in und mit unserer Trauerkultur. Zwar herrscht oftmals noch große Empörung, für diese Hilfsangebote zahlen zu müssen, auch wenn es sich um kleine Beträge handelt. Doch die Vergangenheit hat gezeigt: Bekommen wir alles umsonst, haben wir keine Entwicklung!

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