Blühende Blumen am Wegesrand
Gerührt über dieses Geständnis und voller Mitgefühl für den Krug antwortete der Wasserträger: „Ich möchte dich nun um etwas bitten. Gleich nachher, wenn wir uns auf den Rückweg zum Meister machen, möchte ich, dass du die Blumen entlang des Weges betrachtest …“
Tatsächlich war der ganze Weg den Hügel hinauf mit Blumen gesäumt, die im Sonnenlicht wunderbar leuchteten. Dieser Anblick war Balsam für die Seele des Kruges. Aber am Ende des Weges überkam ihn wieder große Traurigkeit: Er hatte erneut die Hälfte des Wassers unterwegs verloren!
Das Schöne im Traurigen
Da sagte der Träger zum Krug: „Ist dir nicht aufgefallen, dass all die wunderbaren Blumen nur auf deiner Seite des Weges blühen – und dort, wo ich den intakten Krug trage, kaum welche wachsen? Ich wusste schon lange, dass du einen Teil des Wassers verlierst und habe daraus einen Nutzen gezogen. Ich habe Blumensamen auf deiner Seite des Weges gesät. Und jeden Tag gießt du diese mit deinem kostbaren Wasser. Dank dir konnte ich in den letzten zwei Jahren wunderschöne Blumen pflücken, welche den Tisch des Meisters schmücken. Ohne dich hätte ich nie solch frische, schöne und bunte Blumen finden können."
Erst jetzt hatte der Krug begriffen, dass auch er – auf seine Weise – etwas zum Glück der Welt beitrug. Aus Indien
Wir können Risse haben …
Manchmal, wenn man sehr traurig nach dem Tod eines geliebten Menschen ist, ist es gut zu denken: Wir können unperfekt sein und "Risse" haben. Liebenswert und wertvoll sind wir trotzdem – und können so viel Gutes bewirken.
Kennst du die japanische Handwerkstechnik Kinsugi? Dabei werden zerbrochene Gefäße mit goldenen oder silbernen "Nähten" kunstvoll repariert. So entsteht aus Scherben etwas Neues und ganz Einzigartiges. Etwas, was noch wertvoller ist als das ursprüngliche Objekt. Wegen der Risse!