Erfahrungsberichte

Die guten Seiten der Trauer

Trauergeschichten treffen mitten ins Herz. Doch Christine Stockbrink aus Viernheim beschreibt in ihrer tröstenden Geschichte für Trauernde einen großen Wandel.
Trauergeschichten, die Mut machen: Christine Stockbrink weiß heute die Geschenke der Trauer zu schätzen. Sie hat in ihrem Leben "Platz für die richtigen Leute" geschaffen, fühlt sich klarer und fokussierter.
Foto: privat

Trauer als Geschenk?

Christine Stockbrink erlebt in ihrer persönlichen Trauergeschichte eine Entwicklung, die zunächst unmöglich erscheint. Bis zu der unerwarteten Erkenntnis: Trauer tut weh – und gut. Denn Trauer hält auch Geschenke bereit.

Trauer soll auch Geschenke bereithalten? Unmöglich, ausgeschlossen. So war die Haltung von Christine Stockbrink am Anfang. "Wie sollte ich der Trauer nach einem so tiefen Einschnitt im Leben etwas Gutes abgewinnen können", fragt Christine Stockbrink aus Viernheim.

„Sollte ich froh sein, dass meine Mutter nicht mehr da ist, oder was? Ich will doch nicht wachsen in einer solchen Situation. Ich will trauern.“ Erst einige Zeit und viele Tränen später sieht sie, dass Trauer auch positive Seiten haben kann.

"Der erste Verlust in meinem Leben"

Persönliche Trauergeschichten: Christine Stockbrink gehört zu denjenigen, die über ihre Erlebnisse und Erfahrungen erzählen können. Das können nicht alle Menschen. Aber sie möchte Mut machen nach dem Todesfall.

Sie ist 49, als ihre Mutter mit 84 Jahren stirbt. Auch wenn ihr zuvor bewusst war, dass ihnen beiden nur noch eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehen würde, erschüttert sie der Tod bis ins Innerste.

"Meine Beziehung zu ihr war sehr besonders", erzählt die Hessin in ihrer tröstenden Geschichte für Trauernde. „Und es war der erste Verlust in meinem Leben, den ich ganz nah erleben musste. Ich fühlte mich mutterseelenallein."

Mut machen nach dem Todesfall

Ihr Umfeld wendet sich ab: Trauer, nein danke … Zu Beginn sind zwar die Menschen in ihrem Umfeld für sie da. Doch schon kurz nach der Beerdigung haben sie nur noch wenig Zeit für Christine Stockbrink. Keine Zeit?

Sie gewinnt die bittere Erkenntnis: Freunde, Kollegen, Bekannte wollen gar nicht über Tod und Trauer mit ihr sprechen, verspüren keine Lust, ständig eine verweinte, traurige Person an ihrem Tisch sitzen zu haben. Sie wenden sich sogar von ihr ab. Mut machen bei Trauer sieht anders aus.                            

               
  • „Der erste, ganz nahe Verlust in meinem Leben.“
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  • Ihr Umfeld wendet sich ab: Trauer, nein danke …
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  • „Ich fühlte mich mutterseelenallein.“
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  • Dann die Erkenntnis: „Wenn ich mir jetzt nicht selber helfe, tut es keiner.“
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  • Sie wird fokussierter, weiß, was ihr guttut – und was nicht.
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  • Trauer hält auch Geschenke bereit.
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"Hallo, meine Mutter ist tot, ihr müsst mich trösten"

Christine Stockbrink ist völlig überrascht, sie hätte mit einer solchen Reaktion nie gerechnet. "Hallo, meine Mutter ist tot", denkt sie. "Ihr müsst mich jetzt trösten, ihr müsst für mich da sein."

Doch stattdessen lässt ihr Umfeld auch noch "blöde Sprüche" los. In der Art: Eine Mutter mit 84 hat ihr Leben gelebt, warum bist du denn dann so traurig, der Tod gehört nun mal dazu

Mut machen bei Trauer sieht anders aus

Christine fühlt sich komplett unverstanden. Und merkt: "Mir hilft niemand. Ich bekomme nichts von außen. Wenn ich mir jetzt nicht selber helfe, tut es keiner.“

Erst viel später wird ihr bewusst, dass das wenig solidarische Verhalten der anderen auch Hilflosigkeit war. „Ich habe es allerdings in dieser für mich so schwierigen Lebenssituation persönlich genommen." Das ist mehr als verständlich und zeigt sich in vielen Trauergeschichten. 


Geschichten über den Tod

Der Kontakt zu zwei Trauerbegleiterinnen erweist sich als wenig hilfreich. Christine Stockbrink geht durch ein tiefes, dunkles Tal, wie es sehr viele Trauernde kennen. Das zeigt sich – leider – immer wieder in den persönlichen Geschichten über den Tod.

Doch mit der Zeit beginnt sich etwas zu wandeln. Schleichend geschieht das. Das ist kein Aha-Erlebnis, nach dem sich von jetzt auf gleich etwas verändert. Vielmehr empfindet sie immer deutlicher, dass die Lösung nur in ihr selbst zu finden ist. Sie selbst muss aktiv werden.

Tröstende Geschichten für Trauernde

Doch gerade trauernden Menschen fehlt nach einem Schicksalsschlag dieser Antrieb. Sie fühlen sich bleiern und wie gelähmt, möchten am liebsten nur noch die Bettdecke über den Kopf ziehen und nie mehr auftauchen.

Wie also hat sie es geschafft? "Ich habe ganz viel mit mir allein ausgemacht, bin in den Wald gegangen, habe alles rausgebrüllt. Das war schmerzhaft und gleichzeitig sehr befreiend. Da sind bei mir dann die Groschen gefallen: Es ist allerhöchste Zeit, einen neuen Weg einzuschlagen. Allerhöchste Zeit zu sortieren. Allerhöchste Zeit, nach dir und deinen eigenen Bedürfnissen zu schauen", beschreibt sie ihr Gefühl,

Sie traut sich sogar, ihre langjährige Wohnung zu kündigen. Die Wohnsituation mit viel Lärm und einem wenig vertrauenswürdigen Vermieter passt schon lange nicht mehr in ihr Leben.

Mut machen nach dem Todesfall

Ausgerechnet in dieser Situation ihr Zuhause aufzugeben, ist für sie der größte und der mutigste Schritt. Wie haben all diese Erfahrungen ihre Persönlichkeit verändert? „Ich bin härter geworden“, gesteht Christine.

Sie lässt nichts mehr mit sich machen, was ihr nicht guttut. "Wenn ich merke, dass Menschen mich Energie kosten, mich als seelischen Mülleimer benutzen und ich dadurch wieder Trauerschübe bekomme, beende ich den Kontakt."

Ihr Fazit: "Manchmal muss man aufräumen, damit Platz für die richtigen Leute ist." Jetzt weiß sie viel genauer, was gut für sie ist und was eben nicht.

"Ich gehe nicht in die Opferrolle"

Jennifer Lind, Sterbeamme und Gründerin der Trauerfreund-Vermittlung TrostHelden, diesem Trauerforum der ganz besonderen Art, kann das nur bestätigen.

Sie sagt: „Viele Menschen können durch die Trauer viel besser zwischen Wichtigem und Unwichtigem unterscheiden. Sie sind generell im Leben zielgerichteter und wissen, was sie möchten oder eben nicht möchten. Was jetzt dran ist und was Zeit hat.“

Wenn Christine Stockbrink etwas auf keinen Fall möchte, dann ist es Mitleid. „Ich gehe nicht in die Opferrolle. Was ich möchte, sind Menschen, die mich verstehen und es mit mir gut meinen.“ Deshalb zieht sie auch vor, lieber öfter allein als in schlechter Gesellschaft zu sein.

   

Möchte Mut machen bei Trauer: Eine Frau sitzt an der kleinen, mit Heide bepflanzten Grabstelle ihrer Mutter auf dem Friedhof.
Geschichten über den Tod: Christine Stockbrink am Grab ihrer geliebten Mutter.         © Foto: Privat  

Trauergeschichten für Angehörige

Ohne diesen krassen Verlustschmerz, ohne das Gefühl des völligen Alleingelassenwerdens hätte sie sich so nicht entwickelt. Sie hat eine neue Klarheit gewonnen, schätzt ihr Bauchgefühl als guten Ratgeber.

„Ich muss nämlich gar nichts, was ich nicht will – außer gut für mich zu sorgen“, betont sie. Von dieser Haltung sind andere nicht immer begeistert. "Und es ist für einen gutmütigen Menschen wie mich auch gar nicht so einfach. Aber ich habe Riesenfortschritte in dieser Hinsicht gemacht."

Es sind Trauergeschichten für Angehörige einer geliebten, verstorbenen Person wie diese, die Mut machen nach einem Todesfall.

Wenn es egal wird, was die Leute denken …

So kann es manchmal vorkommen, dass sie unbequem wird. Wie genau setzt sie ihren Willen dann durch? "Das hängt von der Situation ab. Mal bin ich diplomatisch, etwa am Arbeitsplatz. In anderen Momenten kann ich aber sehr auftrumpfen. Da darf ich mich auch im Ton vergreifen. Mir ist egal, was die Leute denken! Die guten Menschen, die mich mögen, kennen meinen Weg, wissen, wie ich dazu gekommen bin. Sie hören nicht auf, mich gern zu haben, wenn ich mal ein bisschen grummelig bin. Aber ich muss noch lernen, mitunter etwas behutsamer zu sein", sagt sie.

Mut, Stärke, Dankbarkeit

Mittlerweile wohnt Christine Stockbrink mit ihrer Hündin und ihrer Katze in herrlicher Umgebung am Waldrand, schläft viel besser und hat sich mit den passenden Menschen umgeben. Was für Geschenke!

"Für mich sind es Geschenke, dass ich fokussierter durch die Trauer geworden bin, besser für mich sorge und spüre, dass ich erfolgreich etwas verändern kann", fasst sie ihre Erfahrung zusammen.

"Denn wenn man wohlbedacht etwas wagt, geht es auch positiv weiter. Dieser Mut, dieser Wille, diese Stärke, das Vertrauen in mein Bauchgefühl, die größere Gelassenheit und auch die Dankbarkeit – das sind die guten Dinge, die durch die Trauer ausgelöst worden sind."

"Wir stehen uns zur Seite" – im Trauerforum TrostHelden

Was ihr zudem geholfen hat: Christine Stockbrink hat bei TrostHelden gleich mehrere gleichgesinnte Trauerfreundinnen gefunden, die sich gegenseitig Trost bei Trauer spenden.

Durch ein besonderes Computerprogramm bringt TrostHelden genau die Menschen zusammen, die ein ähnliches Schicksal verkraften müssen und in ähnlichen Umständen leben. Wie zielführend das Konzept ist, hat Christine Stockbrink erlebt.

Trost bei Trauer durch TrostHelden

"Ich persönlich brauche den Austausch mit Menschen, die ebenfalls ihre Mutter verloren haben, nur sie können mich wirklich verstehen. Das ist ein Austausch auf Augenhöhe", beschreibt sie ihre Erfahrung mit TrostHelden.

Eine der TrostHeldinnen ist sogar eine gute Freundin geworden. "Wir schreiben uns oft. Sie ist eine liebe, treue Seele. Und so stehen wir uns regelmäßig ein kleines bisschen zur Seite."

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