Mitleid
Wie mit Trauernden umgehen

Weniger ist oft mehr
Was Mitgefühl ist, ist so eine Sache für sich. Mitleid ausdrücken ist es jedenfalls nicht. Worauf die Gesprächspartner besser verzichten sollten, wird im Zusammenhang mit der Gewaltfreien Kommunikation sehr treffend beschrieben: Mitleid, Ratschläge, Verstärkung, Belehrung, (weg-)trösten, herunterreden, erklären, ermutigen.
Doch genau das sind häufig die Dinge, die Menschen zu hören bekommen, die um eine geliebte Person trauern, wenn sie sich unendlich traurig, einsam und verzweifelt fühlen. Allein: All das hilft nicht weiter. Im Gegenteil.
Mitleid ausdrücken
Denn den Schmerz, der durch einen Verlust entsteht, kann uns niemand nehmen – und sFloskeln wie "das Leben geht weiter", "das wird schon wieder" oder "du musst jetzt nach vorne schauen und stark sein" nützen schon gar nichts.
Wie soll man als Betroffene:r denn stark sein, wenn man gerade überhaupt nicht stark sein kann? Solche Bemerkungen verstärken bei Trauernden nur dieses lähmende Empfinden: "Ich fühle mich einsam." Statt Mitleid auszudrücken mit Allerweltsspüchen, ist ehrliches Mitgefühl viel hilfreicher.
Wie mit Trauernden umgehen?
Doch wie mit Trauernden umgehen? Es ist manchmal schwierig für andere, in einer Trauersituation die richtigen, nämlich passenden Worte zu finden. Doch wenn wir sie nicht finden, sind sie vielleicht auch gar nicht notwendig.
Aufrichtig gemeinte Anteilnahme benötigt oft keine Worte. Denn sie kann sich auf viele Arten ausdrücken. Ein langer, liebevoller Blick, eine Hand sacht auf der Schulter gelegt, eine sanfte Umarmung – oder was immer sich richtig anfühlt, sagen oft so viel mehr als 1.000 Worte. Und wer sich also fragt: Wie mit Trauer umgehen, der sollte bedenken, dass gerade in diesen Begegnungen mit Trauernden weniger oft mehr ist.
Tipps zum Umgang mit Trauernden:
- Auf Allerwelts-Sprüche verzichten.
- Anteilnahme drückt sich auch ohne Worte aus.
- Ein liebevoller Blick, eine sanfte Berührung: Balsam für Trauernde
- Unsicher im Verhalten? Dann offen die Hilflosigkeit zeigen.
- Die Schmerz und die Trauer ansprechen, nur nicht "wegreden".
- Da sein und dem Trauernden zur Seite stehen.
Offen die eigene Hilflosigkeit zeigen
Bei der Begegnung mit Trauernden auch einmal einfach still zu sein, das Schweigen auszuhalten und so offen die eigene Hilfslosigkeit zu zeigen, fällt vielen im Umgang mit Trauernden schwer. Gerade in einer Gesellschaft, die immer nach schnellen Lösungen sucht und dieses Innehalten so wenig Raum bekommt.
Doch im Trauerprozess brauchen die Betroffenen neben liebevollen Gesten häufig genau das: einfühlsames Zuhören. Oder gemeinsames Schweigen, wenn die Worte fehlen.
So zart wie aus dünnem Glas …
Wie mit Trauernden umgehen und was sich Trauernde sich von ihren Mitmenschen wünschen, hat Trauerbegleiterin und Autorin Inga Elisabeth Ohlsen in einem poetischen Text für Trauernde und ihre Angehörigen anschaulich in Worte gefasst.
Manchmal, so schreibt sie, fühle sie sich so zart wie aus dünnem Glas

Was ich von dir brauche – Bitten an meine Familie und Freunde
"Was ich von dir brauche,
ist, dass du da bist, mit allem was ist,
mir deine Hand behutsam entgegenstreckst
durch kleine Zeichen der Aufmerksamkeit,
die keine Antwort erwarten,
und die mir zeigen, du bist an meiner Seite.
Was ich von dir brauche,
ist eine sanfte Umarmung, deine Hand auf meiner.
So kann ich mich bei dir ausruhen –
denn ich bin so erschöpft von den Stürmen,
die in meinem Inneren toben.
Was ich von dir brauche,
ist dein offenes Ohr
und vor allem dein offenes Herz, dein ehrliches Mitgefühl.
Denn nur in einem Raum der Liebe
kann ich mit allem da sein, was mich bewegt.
Ich weiß, dass das nicht leicht für dich ist,
besonders dann, wenn mein Schmerz und meine Traurigkeit
in dir Saiten zum Schwingen bringen,
deren Klang sonst vom Rauschen des Alltags übertönt wird
und du deine eigene verschüttete Trauer spürst.
Was ich von dir brauche,
ist, dass du authentisch bist,
dich nicht verstellst
und versteckst hinter Floskeln.
Wenn es dir einmal zu viel wird, sag es mir bitte offen.
Sorge auch für dich,
denn ich kann dich nicht mittragen.
Was ich von dir brauche
ist deine ganze Achtsamkeit.
Denn ich fühle mich so zart wie aus dünnem Glas.
Wenn ich nicht ganz sicher bin,
dass du dir meiner Zerbrechlichkeit bewusst bist,
wage ich nicht, dir mein Innerstes zu zeigen.
Was ich von dir brauche,
ist die Einsicht, dass du mich nicht trösten kannst
und dass wohlgemeinte Worte des Trostes,
wenn sie nicht tief aus deinem Herzen kommen,
mich verletzen können und ich mich noch einsamer fühle.
Was ich von dir brauche,
ist das Annehmen unserer Hilflosigkeit
angesichts der unerklärlichen Macht des Schicksals.
Es ist in Ordnung, dass du im Moment nichts weiter tun kannst,
als einfach da zu sein, dich berühren zu lassen
und mit mir in das Meer der Gefühle einzutauchen.
Was ich von dir brauche,
ist der Mut, mir Fragen zu stellen,
auch wenn ich nicht auf alle eine Antwort geben kann;
der Mut, die Stille auszuhalten,
wenn Worte nicht reichen,
um die Dimension der Gefühle zu erfassen.
Was ich von dir brauche,
sind dein offenes Ohr und deine Geduld,
wenn ich wieder und wieder über meinen geliebten Menschen und die Zeit mit ihm sprechen möchte. Denn es tut mir gut, wenn ich auch meine glücklichen Momente teilen darf.
Vielleicht ist es für dich zu Beginn befremdlich,
wenn ich so viel von einem Toten spreche.
Doch für mich ist und bleibt mein geliebter Mensch ein wichtiger Teil meines Lebens
und das Erzählen hält meine Erinnerungen lebendig.
Was ich von dir brauche,
ist Verständnis, dass ich in einer ganz eigenen Welt lebe
– in einer Welt zwischen den Welten –
und mich nicht so auf deine einlassen kann,
wie ich es früher getan habe.
Es ist nicht so, dass mich dein Leben nicht interessiert.
Doch ich brauche gerade alle meine Kraft,
um die zersplitterten Einzelteile meines Herzens zusammenzusuchen.
Nur so kann ich mir den Weg durch meinen Alltag bahnen
ohne mir an jeder Ecke blaue Flecken zu holen,
da meine Sinne nur nach innen schauen.
Was ich von dir brauche,
ist Respekt dafür,
dass das normale Leben mir im Moment oft zu laut und zu schnell ist.
Dann fühle ich mich in der Geborgenheit meines Zuhauses wohler als unter Menschen.
Denn die Trauer, die Liebe und die Sehnsucht
haben mich so allumfassend in ihren Händen.
Was ich von dir brauche,
ist Direktheit. Trau dich bitte, mich zu fragen,
wenn du unsicher bist, was für mich gerade stimmig ist.
Es kann sein, dass meine Antwort ganz anders ist, als du es erwartet hättest.
Und es kann auch sein, dass sie nur wenige Momente später schon wieder ganz anders ausfällt.
Denn meine Trauer ist wie ein Ozean voller Wellen,
die kommen und gehen in ihrem ganz eigenen Rhythmus
und die sich nicht nach den Regeln unserer Gesellschaft richten.
Was ich von dir brauche,
ist, dass du mir auch nach Monaten und Jahren immer wieder zeigst:
„Ich bin bei dir, jetzt und später.“
Denn für mich läuft die Zeit anders.
Und gerade dann, wenn scheinbar alles wieder seinen normalen Gang geht,
kann es sein, dass deine liebende Gegenwart für mich am Wichtigsten ist.
Was ich von dir brauche,
ist das Vertrauen, dass ich die Kraft finden werde, meinen eigenen Weg zu gehen
– mit meinem geliebten Menschen im Herzen."
Inga Elisabeth Ohlsen
Trost bei Trauer
Sich zu fragen, wie mit Trauernden umgehen oder selbst um einen geliebten Menschen zu trauern, ist zwei verschiedene Dinge. Wenn du selbst trauerst und eine Gesprächspartner:in sucht, die deine Situation genau kennt, mit der du dich auf Augenhöhe offen und ohne Angst vor Verletzungen austauschen kannst, dann gibt es eine Lösung.
Denn Menschen, die sich alleine gelassen fühlen, finden bei TrostHelden eine Trauerfreund:in, die genau zu ihnen passt.
Finde deine Trauerfreund:in!